Lesebefehl für sämtliche Praktiker, die sich mit dem Bereich der Vorsatzanfechtung befassen.
Nach dem Wechsel an der Spitze setzt der IX. Zivilsenat des BGH seine Korrekturen an seiner Rechtsprechung zu § 133 InsO fort:
Über viele Jahre hinweg konnte der Insolvenzverwalter den Nachweis der subjektiven Voraussetzungen der Vorsatzanfechtung allein darauf stützen, dass der Schuldner im Zeitpunkt der angefochtenen Rechtshandlung erkannt zahlungsunfähig war. Damit ist nun Schluss.
So muss der Schuldner künftig im Zeitpunkt der Vornahme der Rechtshandlung auch wissen bzw. billigend in Kauf nehmen, dass er seine übrigen Gläubiger auch künftig nicht vollständig befriedigen können wird, was sich nach den ihm bekannten objektiven Umständen richtet. Dies muss auch der Anfechtungsgegner zusätzlich zum Erkennen der Zahlungsunfähigkeit wissen.
Noch wichtiger erscheint aber, dass auf eine lediglich erkannt drohende Zahlungsunfähigkeit isoliert eine Vorsatzanfechtung zukünftig gar nicht mehr gestützt werden kann. Der BGH stützt diese Überlegung darauf, dass in diesem Stadium gegen den Willen des Schuldners kein Insolvenzverfahren eröffnet werden kann. Mit dieser Wertung sei es nicht zu vereinbaren, wenn die drohende Zahlungsunfähigkeit und eingetretene Zahlungsunfähigkeit mit Blick auf die Vorsatzanfechtung gleichbehandelt werden. Etwas anderes könne allenfalls dann gelten, wenn bei drohender Zahlungsunfähigkeit in sicherer Erwartung von deren Eintritt noch gezielt bestimmt (etwa nahestehende) Gläubiger bevorzugt werden.
Wichtigtes Indiz für eine Zahlungsunfähigkeit des Schuldners soll dessen Erklärung sein, aus Mangel an liquiden Mitteln nicht zahlen zu können. Gibt es eine solche nicht, müssen die Umstände, aus denen eine Zahlungsunfähigkeit gefolgert werden soll, entsprechendes Gewicht haben, wofür Zahlungsverzögerungen allein, auch wenn sie wiederholt auftreten, nicht ausreichen dürften.
Dieser Entscheidung wird erhebliche Bedeutung zukommen. Für #insolvenzverwalter bedeutet sie, dass die ohnehin anspuchsvoller gewordene Vorsatzanfechtung noch schwieriger durchsetzbar sein wird. Umso wichtiger wird es sein, versierte anwaltliche Vertreter hiermit zu beauftragen.
Für #anfechtungsgegner und die sie vertretenden Anwälte ergibt sich ein bunter Strauß an Verteidigungsmöglichkeiten, die eine erfolgreiche Abwehr von entsprechenden Inanspruchnahmen noch wahrscheinlicher machen.
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