Das OLG Schleswig entschied am 03.06.2022 über einen Löschungsanspruch eines Insolvenzschuldners gegen eine Auskunftei. Diese Löschungsansprüche sind in der Praxis hochrelevant, da negative Eintragungen in Schufa und Co. regelmäßig mit erheblichen Einschränkungen am Wirtschaftsverkehr einhergehen.
Vorliegend entschied das OLG, dass die Auskunftei Daten eines Insolvenzschuldners nur zeitlich begrenzt verwerten darf. Konkret wurde über das Vermögen des Klägers das Insolvenzverfahren eröffnet und am 25.03.2020 das Verfahren durch Beschluss des Amtsgerichts aufgehoben. Diese Daten wurden im amtlichen Internetportal veröffentlicht. Die Schufa pflegte diese Daten in Ihre eigene Auskunftei ein. Der Kläger begehrte daraufhin Ende 2020 die Löschung der Daten von der Schufa, da durch die Verarbeitung ihm eine uneingeschränkte Teilhabe am Wirtschaftsleben nicht möglich sei. Konkret begründete er dies damit, dass er nur noch gegen Vorkasse bestellen konnte und keine neue Wohnung anmieten konnte. Die Schufa löschte die Daten nicht, mit Hinweis auf die „Verhaltensregeln des Verbandes Die Wirtschaftsauskunfteien e.V.“, welche eine Löschung erst nach drei Jahren vorsehe.
Das OLG gab der Berufung statt und sprach dem Schuldner einen Löschungsanspruch zu. Konkret entschied es dabei jedoch noch Weiteres. Zunächst käme es bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Erhebung und Verarbeitung von Daten über ein Insolvenzverfahren aus dem amtlichen Internetportal allein auf den sich aus Art. 6 Abs. 1 S.1 lit f DSGVO ergebenden Maßstab an. Somit ist im Einzelfall zu prüfen, ob eine Datenverarbeitung „zur Wahrung der berechtigten Interessen des Verantwortlichen oder eines Dritten erforderlich“ ist, durch eine konkrete Abwägung der berührten Belange des Betroffenen einerseits und des Verantwortlichen oder Dritten andererseits. Weiter formulierte das OVG einen Maßstab für diese Abwägung: „Je abstrakter ein Abwägungsvorgang ausfällt, desto überragender müssen die Interessen an der Datenverarbeitung ausfallen, um den Eingriff in Grundrechte des Betroffenen zu rechtfertigen. Dieses gilt umso mehr, wenn Daten ohne konkreten Anlass und damit gewissermaßen „auf Vorrat“ erhoben werden.“
Auch stellte das OLG fest, dass den „Verhaltensregeln der Wirtschaftsauskunfteien“ kein eigener normativer Gehalt zukäme, womit sie bei der Abwägung nicht einzubeziehen sind. Auch die in § 3 Abs. 1, 2 InsoBekV normierte Löschungsfrist von sechs Monaten fände keine unmittelbare oder analoge Anwendung, jedoch sei der § 3 InsoBekV bei der Abwägung nach Art. 6 Abs. 1 lit f DSGVO als Abwägungsmodell nicht ausgeschlossen. Daraus schloss das OVG, das in der Regel nach verstreichen der sechsmonatigen Frist eine weitere Speicherung und Verarbeitung von Daten aus dem Insolvenzbekanntmachungsportal nicht mehr zulässig ist.
Anhand dieser Maßgaben entschied das OLG, dass das Interesse des Klägers an einer möglichst ungehinderten Teilnahme am Wirtschaftsleben, dem Interesse der Schufa als Anbieterin von bonitätsrelevanten Informationen vorgehe, nach der sechsmonatigen Frist auch § 3 InsoBekV.
Abzuwarten bleibt die Stellungnahme des BGHs zu der Thematik, da das Gericht eine Revision wegen der grundsätzlichen Bedeutung zum Bundesgerichtshof zugelassen hat.
Sollten Sie betroffener einer negativen Eintragung sein, prüfen wir gerne für Sie auch auf Grundlage dieses aktuellen Urteils, ob eine Löschungsanspruch durchsetzbar ist.
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